Ein besonderes Wiedersehen
Blitz am Sonntag - 2. April 2023 Abschlussarbeit nach fast 70 Jahren wieder zurück beim Verfasser
Güstrow/mb/pm. »So etwas hat es wahrscheinlich noch nie gegeben«, zeigt sich Ronald Weinauge ungläubig und begeistert zugleich, als ihm DRK-Vorstandsmitglied Martina Glaser eine schwarze Mappe übergibt. Ganz unscheinbar liegt sie da, ist etwas abgegriffen, ein paar eingeklebte Schwarz-Weiß-Fotos haben sich von den mit Schreibmaschine beschriebenen Seiten gelöst und doch ist dieses Schriftstück etwas Besonderes. Es ist ein Stück Lebensgeschichte seines Verfassers Ronald Weinauge. Und auch ein Stück Nachkriegsgeschichte der Stadt Dresden. Im April 1955 hat der heute 91-Jährige in der sächsischen Landeshauptstadt seine Abschlussarbeit zum Gartenbauingenieur eingereicht und über Umwege nun fast sieben Jahrzehnte später wiedererhalten.
»Das ist vermutlich unwahrscheinlicher als ein Sechser im Lotto«, mutmaßt Martina Glaser bei der Übergabe. Seinerzeit hatte das Amt für Stadtgrün der Stadt Dresden einen ganzen Schwung an Unterlagen des VEB Grünanlagen erhalten – darunter Karten, Zeichnungen und auch die Arbeit Ronald Weinauges. Unlängst fiel Stephanie Jäger aus dem Sachbereich Gartendenkmalpflege die Mappe in die Hände. Interessiert habe sie darin geblättert und spontan den Verfasser gegoogelt. Über einen Artikel in der Güstrower Tagespresse machte sie ihn ausfindig und wandte sich an den DRK Kreisverband Güstrow. In gemütlicher Runde in der DRK-Seniorenwohnanlage Seniorengarten im Güstrower Tolstoiweg, wo Ronald Weinauge inzwischen seit vielen Jahren lebt, konnte der rüstige Senior sein Werk nach so vielen Jahren wieder in den Händen halten. Sohn Bernd Weinauge war hierfür eigens aus dem rheinland-pfälzischen Bornich angereist.
Ronald Weinauge ist 1932 in Tambach-Dietharz in Thüringen geboren, lebte lange Zeit im Osterzgebirge, bis er 1972 mit seiner Familie nach Güstrow zog. Hier war er als Internatsleiter und Lehrer an der Oberschule eingesetzt. Der Botanik blieb er zeitlebens treu, kartografierte unter anderem den Baumbestand seines Wohnareals, dem DRK-Seniorengarten.